Personzentrierte Traumatherapie

Heilung durch Selbstbejahung


Brigitte Koch-Kersten: Personzentrierte Traumatherapie: Heilung durch Selbstbejahung Kröning: Asanger, 2021, 288 Seiten, ISBN 978-3893346424. EUR (D) 29,80/ EUR (A) 30,70/ CHF 41,90.

Brigitte Koch-Kersten: Personzentrierte Traumatherapie: Heilung durch Selbstbejahung

Kröning: Asanger, 2021, 288 Seiten, ISBN 978-3893346424. EUR (D) 29,80/ EUR (A) 30,70/ CHF 41,90.

„Eine kraftvolle Intervention, die das Innehalten und Anhalten des Überlebenskampfmodus bewirken kann, ist die Frage nach dem, was wir fühlen. Wenn wir unser Gefühl beachten, nicht von ihm weglaufen oder dagegen ankämpfen (Überlebensmodus), sondern uns in die Tiefe dieses Gefühls hineinfallen lassen und auf diese Weise in Berührung mit der ‚unter‘ dem Gefühl liegenden Ebene der Seinserfahrungen kommen, finden wir zu uns zurück. Die unruhigen Wellen an der Oberfläche eines Ozeans kommen in seiner Tiefe zur Ruhe. So können wir aus der Verrücktheit unserer von Angst angetriebenen Überlebensmuster aussteigen und Ruhe, Frieden und Stille finden“ (S. 174).


Kurzrezension

Das vorliegende Buch bietet einen interessanten und neuartigen Zugang zur Personzentrierten Traumatherapie und wird hier kurz mit seinen Leitgedanken skizziert:

Einleitend gibt die Autorin einen Überblick über Ursachen, Folgen und Arten von Traumata, befasst sich aber vor allem mit Entwicklungs- und Bindungstraumata, bei denen es im Falle traumatisierender Erfahrungen zu Erschütterungen des Selbstgefühls kommt, nicht nur durch Missbrauch und Misshandlung, sondern häufig in Form von Missachtung oder Entwertung der Person. Das wird in ihrer eigenen Begrifflichkeit „Fremdverneinung“ genannt, die letztlich zu „Selbstverneinung“ als Identifikation mit der Fremdverneinung führt, wodurch Inkongruenzen entstehen. Der Prozess der Selbstverneinung wird aber gleichzeitig als Ausdruck von Kraft und Stärke der Aktualisierungstendenz hervorgehoben. Es werden nämlich Überlebensmuster entwickelt, die zwar eine freie Entfaltung hemmen, aber gleichzeitig auch eine Schutzfunktion enthalten, auf die nachdrücklich hingewiesen wird: „Diese Anpassung unseres Selbstkonzepts an Traumabedingungen ist eine leidvoll erzwungene letzte Rettungsmöglichkeit, um die befürchtete Vernichtungsgefahr abzuwehren. Dadurch bewahren wir uns einen wichtigen Funken unserer Selbstverwirklichungstendenz. Wir bewahren uns das Bewusstsein, wenn auch tief verborgen, dass wir uns aus eigener Kraft den Bedingungen angepasst haben“ (S. 14)

Der Kern ihres Konzepts der Traumaheilung besteht kurz dargestellt

1.     in der Bejahung aller – auch scheinbar unaushaltbarer – Gefühle, wodurch die Klient*innen in einem Ja zu sich selbst entdecken, dass sie in ihrem Innersten liebenswert, liebevoll, kraftvoll, klar und lebendig sind und es schon immer waren. Sie erfahren, dass sie leben und da sind, wo sie glaubten, vernichtet und ausgelöscht zu sein.

2.     im Bejahen der Abwehr und des Widerstands, die sich in Form von Dissoziationen, Flashbacks, Reinszenierungen und anderer Überlebensmuster zeigen und als – oft verzweifelter – Ausdruck verstanden werden, den „Kern“ des eigenen Seins zu schützen. Daher werden Abwehr und Widerstand gleichsam „begrüßt“ und damit bejahend gewürdigt, was erst ein Loslassen erstarrter Schutzmuster ermöglicht.

Als methodische Wege werden bestimmte Leitfragen als Angebote zur Förderung des Traumaheilungsprozesses vorgestellt, beispielsweise: 1) Wovor schütze ich mich gerade? 2) Wie schütze ich mich gerade? 3) Welche Kraft und Stärke erlebe ich als mich Schützende*r? 4) Was schütze ich? 5) Wer bin ich hinter meinem Schutz? (S. 71ff.)

Darüber hinaus bietet die Autorin strukturierte Übungsanleitungen an, etwa die Arbeit mit dem „Inneren Kind“, einen „Inneren Dialog“ oder eine „Bewusstheitsübung“ zur empathischen, nicht-wertenden Wahrnehmung innerer Prozesse. Diese Fragen und Übungen ermöglichen neue und hilfreiche Wege für”Seinserfahrungen”, die Klienten*innen als innere Ruhe, tiefen Frieden und Unversehrtheit erleben, was in der Folge ein weiteres Loslassen von einengenden, leidvollen Überlebensmustern unterstützt.

In diesem Verständnis von Heilung bezieht sich die Autorin auf den Ansatz „Befreites Fühlen" des Psychologen und spirituellen Lehrers Christian Meyer (2016), das sie prägnant gefasst im nebenstehenden Zitat beschreibt.

Falls Sie sich als Leser*in von diesen „ungewohnten Gedanken“ (Geleitwort, S. XII) angesprochen und zu weiterer Auseinandersetzung inspiriert fühlen, können Sie über das Buch hinaus auch in Videos und CDs einen Einblick in die praktische Arbeit der Autorin gewinnen.

Videos sind auf YouTube unter der Abfrage „Brigitte Koch Kersten“ abrufbar, ebenso „Bewusstheitsübungen“ im Webshop der Autorin: https://koch-kersten.gap-kassel.net/

Hubert Teml